Bin noch da ...

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Scherzkeks
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Bin noch da ...

Beitrag von Scherzkeks »

Hallo ihr Lieben,

tja, wo soll ich anfangen? Ich möchte euch doch jetzt endlich mal berichten, was ich im letzten Jahr erlebt habe und warum ich mich hier nicht mehr gemeldet habe.
Eins vorweg: Ich habe in Abständen immer mal ins Forum geschaut, war aber einfach nicht in der Stimmung, mich hier zu beteiligen. Aber jetzt, nach ziemlich genau einem Jahr nach Kalles Tod, möchte ich doch endlich wieder aus dem Loch herauskommen, in das ich leider gefallen war.

Also ich fange einfach mal an zu erzählen:
Nach Kalles Tod ging es mit den negativen Sachen munter weiter. Am Beerdigungstag wurde meine Mutter krank. An der Trauerfeier konnte sie nicht teilnehmen, weil sie große Schmerzen im Unterbauch bekam. Vier Tage später war sie dann schon im Krankenhaus und wurde am Blinddarm operiert. Und das mit fast 93 Jahren.
Soweit so gut. Sie erholte sich auch ziemlich schnell wieder und war wieder zu Hause.

Drei Wochen dann nach Kalles Beerdigung, an unserem Hochzeitstag und zwei Tage vor Weihnachten, bekam ich einen Brief vom Rechtsanwalt. Ein Sohn von Kalle wollte wissen, ob es ein Testament gäbe und was darin stand. Na toll, dachte ich. Jetzt also das auch noch. Also musste ich mir auch einen Anwalt nehmen. Ich war wütend darüber, weil dieser Sohn es nicht für nötig gehalten hatte, mich doch erst mal persönlich darauf anzusprechen. Wir hatten ja sonst ein gutes Verhältnis und haben uns noch auf der Beerdigung ganz normal verabschiedet. Rechtsanwälte hätten wir jedenfalls erst mal nicht gebraucht.
Nun gut, dachte ich, wenn er es so will, dann ist das eben so. Ist ja auch sein Recht, ist ja Kalles Sohn. Es folgten dann diverse Hin – und Herschreiben der Anwälte. Ziel des Ganzen war dann, dass er sein Pflichtteil haben wollte.
Ihr glaubt nicht, was ich deswegen für Arbeit hatte. Erst musste ich ein Nachlassverzeichnis aufstellen. Neben Bargeld, Bankkonten, wertvolle Teppiche und Schmuck (was wir ja reichlich hatten – Ironie aus) musste ich den gesamten Hausstand auflisten. Also jedes Möbelstück und jede Kaffeetasse bis zur Klobürste. Ich bin dann durch alle Räume durch und habe alles aufgeschrieben. Auch wie alt die Gegenstände waren und was sie gekostet hatten. Ihr glaubt nicht, wie es bei mir im Wohnzimmer ausgesehen hat. Denn das war ja nicht der einzige Papierkram, der zu bearbeiten war. Zeitgleich wurschtelte ich mich durch an die 30 Krankenhausrechnungen und Pflegeheimkosten, die jetzt alle plötzlich bezahlt werden wollten. Da Kalle privat versichert war, musste ich alles zuerst bezahlen und danach bei zwei verschiedenen Stellen einreichen und aufpassen, dass das Geld auch zurück kommt.
Naja, auch das habe ich geschafft. Die Trauer um Kalle kam in dieser Zeit viel zu kurz.
Ja, und dann musste ich mich ja auch noch um meine eigene finanzielle Lage kümmern. Also einen Antrag auf Hinterbliebenenrente stellen. Ich also bei der Rentenversicherung angerufen. Die waren auch sehr nett und meinten, ich solle mir doch einfach die Formulare dafür von ihrer Internetseite laden und dann ausfüllen.
Einfach haben sie gesagt. Ja ja - ich die Formulare aufgerufen, drei Stück an der Zahl, 50 Seiten ausgedruckt. Ich wusste echt nicht, wie ich das machen sollte. Und dann das Amtsdeutsch. Wenn es nicht so ernst gewesen wäre, ich hätte mich total amüsiert. Aber ich habe mich auch da durchgewurschtelt. Ein paar Fragen habe ich dann telefonisch geklärt und nach drei Wochen war es endlich bei denen im Briefkasten.
Puh, dachte ich, jetzt kann es ja nur noch bergauf gehen.
Aber wieder falsch gedacht. Im März ging es meiner Mutter noch immer nicht so richtig besser. Seit der OP hatte sie immer wieder Schmerzen. Tja und dann kam die Hammerdiagnose. Sie hatte einen bösartigen Krebs, der in der Schilddrüse gefunden wurde. Ich bin dann mir ihr sofort in die Onkologie. Dort bekam sie dann eine Art Chemo-Tablette. Eine normale Chemotherapie wollte man ihr aufgrund ihres Alters nicht mehr zumuten. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter bis zu diesem Zeitpunkt noch sehr rüstig war und noch in ihrer Wohnung allein lebte. Aber nun war alles anders geworden, denn der Krebs saß mittlerweile im ganzen Körper.

Also bin ich dann zu ihr gezogen. Einmal am Tag kam mein Bruder für ein paar Stunden, damit ich nach Hause fahren konnte. Zeitgleich sind nämlich meine Mieter plötzlich ausgezogen. Sie hatten ein Haus geerbt und waren sich nicht mehr so sicher, ob ich das Haus halten könne. Ich habe den ganzen Auszug gar nicht richtig miterlebt, weil ich mit meiner Mutter beschäftigt war.
Nach vier Wochen bin ich dann auch nur noch fix und fertig gewesen. Ich habe es nicht mehr allein geschafft, sie zu betreuen. Also zogen mein Bruder und meine Schwägerin mit ein und wir haben uns dann zu dritt gekümmert. Parallel kam dann ein Pflegedienst. Das war eine große Unterstützung.
Es war leider abzusehen: Mitte April ist meine Mutter dann gestorben. Das hat mir dann komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Mutter war meine Freundin, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand, auch wenn was mit Kalle war. Sie war einfach immer da. Und nun war sie auch nicht mehr da. Das war ganz schlimm für mich. Aber so ist eben das Leben.
Ja, und dann musste ihre Mietwohnung aufgelöst werden, wieder Papierkram erledigt werden. Beerdigung und alles, was damit zusammenhing. Zum Glück hat nun mein Bruder viel übernommen.
Als dann alles wieder etwas ruhiger wurde, bin ich dann von der Oberwohnung wieder nach unten gezogen. Habe jetzt massig Platz und bin ziemlich allein momentan. Aber ich habe die Ruhe auch gebraucht. Das war einfach alles zu viel auf einmal.
Aber es ging ja noch weiter. Kalles Sohn wollte nun also Geld haben. Also musste ich einen Gutachter beauftragen, der das Haus schätzen sollte. Dann alles wieder über den Rechtsanwalt zum anderen Anwalt und nun durfte ich 31 000 Euro mal eben in zwei Wochen auf den Tisch legen.
Hä, habe ich gedacht. Woher nehmen und nicht stehlen? Dann ging das Geldzusammenkratzen los. Ich habe ein Auto verkauft, etwas hatte ich selbst noch auf dem Konto, dann noch etwas Geld vom Erbe meiner Mutter, und den Rest musste ich mir von der Bank leihen. Bin jetzt arm wie eine Kirchenmaus, wie man so schön sagt. Aber egal, ich habe es geschafft, habe ihm das Geld gegeben und nun ist für mich die Sache erledigt.

Da ich jetzt auf jeden Cent achten muss, habe ich seit zwei Wochen einen Minijob. Das war jetzt mal ein wenig Glück. Ich arbeite in einer Firma, die IT-Kabel herstellt. Macht mir auch Spaß und ich komme wieder unter Menschen.

Tja, das war mein Jahr. Ich hoffe, der Text war nicht zu lang. Aber ich wollte es euch doch gerne berichten, weil ihr immer so lieb Anteil genommen habt.

Auch die liebe Karte, die ihr mir von Brühl aus geschickt habt, war eine ganz ganz liebe Geste. Ich hatte auch schon ein sehr schlechtes Gewissen, mich deswegen nicht gemeldet zu haben. Aber mir war einfach nicht danach.
Ach hoffe, dass jetzt endlich wieder bessere Zeiten kommen.
Ich grüße euch alle.
Liebe Grüße von Ute
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Neandertaler
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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Neandertaler »

Da ist ja wirklich viel Schlimmes zusammen gekommen und ich kann gut nachvollziehen, dass das alles erst einmal verarbeitet werden muss. Bei solchen Geschichten in der Familie frage ich mich immer, ob sowas wirklich so ablaufen muss. Ich denke, dass das alles in einem Gespräch ohne die dabei zwangsläufig entstehenden Verletzungen hätte geklärt werden können. Aber leider hört man immer davon, dass es zum Streit kommt, wenn es was zu erben gibt.

Das hat bestimmt alles viel Kraft gekostet, vor allem auch dadurch, dass Du nach dem Abschied von Kalle auch noch Deine Mutter nach der schlimmen Diagnose verloren hast.

Ich wünsche Dir vor allem, dass Du bald aus diesem Tief heraus kommst. Ich kann nachvollziehen, dass Dir der Kontakt zu anderen Menschen durch die Arbeit mit der Zeit hilft, alles zu verarbeiten und Dir in Deiner jetzigen Lebenssituation wieder Kraft und Struktur gibt.
Mit Züchtergruß
aus dem Neandertal
Gerd Bleicher
- Neandertal ist überall -
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Andrea DSV2463
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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Andrea DSV2463 »

Hallo liebe Ute!

Schön, dass Du Dich mal wieder gemeldet hast, wenn auch mit vielen traurigen Erfahrungen,
die Du in den letzten Monaten machen musstest und die Du nun sicher auch erstmal verarbeiten musst. :sad:

Mein Mitgefühl vor allem auch zum Tod von Deiner Mutter.
So schnell hintereinander gleich zwei besonders nahestehende und geliebte Menschen zu verlieren,
tut sicher weh und ist nicht leicht zu verkraften :sad:

Ich kann mich Gerd nur anschließen und wünsche Dir auch von Herzen,
dass nun bessere Zeiten auf Dich warten und Du etwas zur Ruhe kommen kannst.

Vielleicht magst Du ja mal wieder zum Forumstreffen kommen, das am 12.11. stattfindet!?
Wir würden uns freuen, aber ich kann natürlich auch verstehen, wenn Dir derzeit noch nicht danach ist

Liebe Grüße, pass auf Dich auf und melde Dich einfach mal wieder
Liebe Grüße von Andrea mit

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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Apoplexy »

Liebe Ute,
och mensch... das tut mir alles sehr leid.
So viele traurige Dinge und dann auch noch das Finanzielle. Das klingt alles sehr schlimm.

Ich drücke dich mal in Gedanken und sende dir mein herzlichen Beileid zu deinem erneuten, schweren Verlust.


Mütter sterben nicht, gleichen alten Bäumen.
In uns leben sie und in unseren Träumen.
Wie ein Stein den Wasserspiegel bricht,
zieht ihr Leben in unserem Kreise.
Mütter sterben nicht, Mütter leben fort auf ihre Weise.



Ich fände es toll dich wiederzusehen ;-)
Vielleicht wäre es ja möglich für dich, mit Brühl ;-)
Viele Grüße, Bild
APOplexy

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Anne DSV2252
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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Anne DSV2252 »

Liebe Ute

da hast du ja viele schlimme Sachen in der letzten Zeit erlebt. Möchte dir mein Beileid aussprechen. Es ist schlimm in so einer kurzen Zeit gleich zwei liebe Menschen zu verlieren. Das muss man ja auch erst mal verkraften.

Es ist leider immer wieder der Fall, man verliert einen Menschen und schon sind die Leute da und wollen erben. Man hat gar nicht die Zeit damit man trauern kann und das alles zu verarbeiten. Das musste ich damals leider auch erleben als ich Franz verloren habe. Ich bewundere dich das du alles geschafft hast. Nun kann es nur noch bergauf gehen!
Dein Minijob wird die dabei auch helfen. Es ist gut für dich, du hast wieder eine Aufgabe.

Es wäre sehr schön dich mal wieder zu treffen, aber lasse dir Zeit, liebe Ute.
Ich wünsche dir alles Liebe und ganz viel Kraft
Gruß Marianne Bild
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Turbo
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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Turbo »

Ach Ute, ich schließe mich den Vorrednern an. Ich kann ja leider nicht so toll schreiben.
Mir tut es auch sehr leid, das Du so viel Leid hast.
Ich würde mich auch freuen Dich zu sehen. Ich hole Marianne ab mit dem Auto. Falls Du in der Richtung wohnst, hole ich Dich auch ab.
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Turbo
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Re: Bin noch da ...

Beitrag von Turbo »

Oh, ich meine zum Treffen am 12.11.2022. :shock:
Columbo Fanclub Mitglied Nr.16
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