Bin noch da ...
Verfasst: Sa Okt 22, 2022 20:27
Hallo ihr Lieben,
tja, wo soll ich anfangen? Ich möchte euch doch jetzt endlich mal berichten, was ich im letzten Jahr erlebt habe und warum ich mich hier nicht mehr gemeldet habe.
Eins vorweg: Ich habe in Abständen immer mal ins Forum geschaut, war aber einfach nicht in der Stimmung, mich hier zu beteiligen. Aber jetzt, nach ziemlich genau einem Jahr nach Kalles Tod, möchte ich doch endlich wieder aus dem Loch herauskommen, in das ich leider gefallen war.
Also ich fange einfach mal an zu erzählen:
Nach Kalles Tod ging es mit den negativen Sachen munter weiter. Am Beerdigungstag wurde meine Mutter krank. An der Trauerfeier konnte sie nicht teilnehmen, weil sie große Schmerzen im Unterbauch bekam. Vier Tage später war sie dann schon im Krankenhaus und wurde am Blinddarm operiert. Und das mit fast 93 Jahren.
Soweit so gut. Sie erholte sich auch ziemlich schnell wieder und war wieder zu Hause.
Drei Wochen dann nach Kalles Beerdigung, an unserem Hochzeitstag und zwei Tage vor Weihnachten, bekam ich einen Brief vom Rechtsanwalt. Ein Sohn von Kalle wollte wissen, ob es ein Testament gäbe und was darin stand. Na toll, dachte ich. Jetzt also das auch noch. Also musste ich mir auch einen Anwalt nehmen. Ich war wütend darüber, weil dieser Sohn es nicht für nötig gehalten hatte, mich doch erst mal persönlich darauf anzusprechen. Wir hatten ja sonst ein gutes Verhältnis und haben uns noch auf der Beerdigung ganz normal verabschiedet. Rechtsanwälte hätten wir jedenfalls erst mal nicht gebraucht.
Nun gut, dachte ich, wenn er es so will, dann ist das eben so. Ist ja auch sein Recht, ist ja Kalles Sohn. Es folgten dann diverse Hin – und Herschreiben der Anwälte. Ziel des Ganzen war dann, dass er sein Pflichtteil haben wollte.
Ihr glaubt nicht, was ich deswegen für Arbeit hatte. Erst musste ich ein Nachlassverzeichnis aufstellen. Neben Bargeld, Bankkonten, wertvolle Teppiche und Schmuck (was wir ja reichlich hatten – Ironie aus) musste ich den gesamten Hausstand auflisten. Also jedes Möbelstück und jede Kaffeetasse bis zur Klobürste. Ich bin dann durch alle Räume durch und habe alles aufgeschrieben. Auch wie alt die Gegenstände waren und was sie gekostet hatten. Ihr glaubt nicht, wie es bei mir im Wohnzimmer ausgesehen hat. Denn das war ja nicht der einzige Papierkram, der zu bearbeiten war. Zeitgleich wurschtelte ich mich durch an die 30 Krankenhausrechnungen und Pflegeheimkosten, die jetzt alle plötzlich bezahlt werden wollten. Da Kalle privat versichert war, musste ich alles zuerst bezahlen und danach bei zwei verschiedenen Stellen einreichen und aufpassen, dass das Geld auch zurück kommt.
Naja, auch das habe ich geschafft. Die Trauer um Kalle kam in dieser Zeit viel zu kurz.
Ja, und dann musste ich mich ja auch noch um meine eigene finanzielle Lage kümmern. Also einen Antrag auf Hinterbliebenenrente stellen. Ich also bei der Rentenversicherung angerufen. Die waren auch sehr nett und meinten, ich solle mir doch einfach die Formulare dafür von ihrer Internetseite laden und dann ausfüllen.
Einfach haben sie gesagt. Ja ja - ich die Formulare aufgerufen, drei Stück an der Zahl, 50 Seiten ausgedruckt. Ich wusste echt nicht, wie ich das machen sollte. Und dann das Amtsdeutsch. Wenn es nicht so ernst gewesen wäre, ich hätte mich total amüsiert. Aber ich habe mich auch da durchgewurschtelt. Ein paar Fragen habe ich dann telefonisch geklärt und nach drei Wochen war es endlich bei denen im Briefkasten.
Puh, dachte ich, jetzt kann es ja nur noch bergauf gehen.
Aber wieder falsch gedacht. Im März ging es meiner Mutter noch immer nicht so richtig besser. Seit der OP hatte sie immer wieder Schmerzen. Tja und dann kam die Hammerdiagnose. Sie hatte einen bösartigen Krebs, der in der Schilddrüse gefunden wurde. Ich bin dann mir ihr sofort in die Onkologie. Dort bekam sie dann eine Art Chemo-Tablette. Eine normale Chemotherapie wollte man ihr aufgrund ihres Alters nicht mehr zumuten. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter bis zu diesem Zeitpunkt noch sehr rüstig war und noch in ihrer Wohnung allein lebte. Aber nun war alles anders geworden, denn der Krebs saß mittlerweile im ganzen Körper.
Also bin ich dann zu ihr gezogen. Einmal am Tag kam mein Bruder für ein paar Stunden, damit ich nach Hause fahren konnte. Zeitgleich sind nämlich meine Mieter plötzlich ausgezogen. Sie hatten ein Haus geerbt und waren sich nicht mehr so sicher, ob ich das Haus halten könne. Ich habe den ganzen Auszug gar nicht richtig miterlebt, weil ich mit meiner Mutter beschäftigt war.
Nach vier Wochen bin ich dann auch nur noch fix und fertig gewesen. Ich habe es nicht mehr allein geschafft, sie zu betreuen. Also zogen mein Bruder und meine Schwägerin mit ein und wir haben uns dann zu dritt gekümmert. Parallel kam dann ein Pflegedienst. Das war eine große Unterstützung.
Es war leider abzusehen: Mitte April ist meine Mutter dann gestorben. Das hat mir dann komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Mutter war meine Freundin, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand, auch wenn was mit Kalle war. Sie war einfach immer da. Und nun war sie auch nicht mehr da. Das war ganz schlimm für mich. Aber so ist eben das Leben.
Ja, und dann musste ihre Mietwohnung aufgelöst werden, wieder Papierkram erledigt werden. Beerdigung und alles, was damit zusammenhing. Zum Glück hat nun mein Bruder viel übernommen.
Als dann alles wieder etwas ruhiger wurde, bin ich dann von der Oberwohnung wieder nach unten gezogen. Habe jetzt massig Platz und bin ziemlich allein momentan. Aber ich habe die Ruhe auch gebraucht. Das war einfach alles zu viel auf einmal.
Aber es ging ja noch weiter. Kalles Sohn wollte nun also Geld haben. Also musste ich einen Gutachter beauftragen, der das Haus schätzen sollte. Dann alles wieder über den Rechtsanwalt zum anderen Anwalt und nun durfte ich 31 000 Euro mal eben in zwei Wochen auf den Tisch legen.
Hä, habe ich gedacht. Woher nehmen und nicht stehlen? Dann ging das Geldzusammenkratzen los. Ich habe ein Auto verkauft, etwas hatte ich selbst noch auf dem Konto, dann noch etwas Geld vom Erbe meiner Mutter, und den Rest musste ich mir von der Bank leihen. Bin jetzt arm wie eine Kirchenmaus, wie man so schön sagt. Aber egal, ich habe es geschafft, habe ihm das Geld gegeben und nun ist für mich die Sache erledigt.
Da ich jetzt auf jeden Cent achten muss, habe ich seit zwei Wochen einen Minijob. Das war jetzt mal ein wenig Glück. Ich arbeite in einer Firma, die IT-Kabel herstellt. Macht mir auch Spaß und ich komme wieder unter Menschen.
Tja, das war mein Jahr. Ich hoffe, der Text war nicht zu lang. Aber ich wollte es euch doch gerne berichten, weil ihr immer so lieb Anteil genommen habt.
Auch die liebe Karte, die ihr mir von Brühl aus geschickt habt, war eine ganz ganz liebe Geste. Ich hatte auch schon ein sehr schlechtes Gewissen, mich deswegen nicht gemeldet zu haben. Aber mir war einfach nicht danach.
Ach hoffe, dass jetzt endlich wieder bessere Zeiten kommen.
Ich grüße euch alle.
tja, wo soll ich anfangen? Ich möchte euch doch jetzt endlich mal berichten, was ich im letzten Jahr erlebt habe und warum ich mich hier nicht mehr gemeldet habe.
Eins vorweg: Ich habe in Abständen immer mal ins Forum geschaut, war aber einfach nicht in der Stimmung, mich hier zu beteiligen. Aber jetzt, nach ziemlich genau einem Jahr nach Kalles Tod, möchte ich doch endlich wieder aus dem Loch herauskommen, in das ich leider gefallen war.
Also ich fange einfach mal an zu erzählen:
Nach Kalles Tod ging es mit den negativen Sachen munter weiter. Am Beerdigungstag wurde meine Mutter krank. An der Trauerfeier konnte sie nicht teilnehmen, weil sie große Schmerzen im Unterbauch bekam. Vier Tage später war sie dann schon im Krankenhaus und wurde am Blinddarm operiert. Und das mit fast 93 Jahren.
Soweit so gut. Sie erholte sich auch ziemlich schnell wieder und war wieder zu Hause.
Drei Wochen dann nach Kalles Beerdigung, an unserem Hochzeitstag und zwei Tage vor Weihnachten, bekam ich einen Brief vom Rechtsanwalt. Ein Sohn von Kalle wollte wissen, ob es ein Testament gäbe und was darin stand. Na toll, dachte ich. Jetzt also das auch noch. Also musste ich mir auch einen Anwalt nehmen. Ich war wütend darüber, weil dieser Sohn es nicht für nötig gehalten hatte, mich doch erst mal persönlich darauf anzusprechen. Wir hatten ja sonst ein gutes Verhältnis und haben uns noch auf der Beerdigung ganz normal verabschiedet. Rechtsanwälte hätten wir jedenfalls erst mal nicht gebraucht.
Nun gut, dachte ich, wenn er es so will, dann ist das eben so. Ist ja auch sein Recht, ist ja Kalles Sohn. Es folgten dann diverse Hin – und Herschreiben der Anwälte. Ziel des Ganzen war dann, dass er sein Pflichtteil haben wollte.
Ihr glaubt nicht, was ich deswegen für Arbeit hatte. Erst musste ich ein Nachlassverzeichnis aufstellen. Neben Bargeld, Bankkonten, wertvolle Teppiche und Schmuck (was wir ja reichlich hatten – Ironie aus) musste ich den gesamten Hausstand auflisten. Also jedes Möbelstück und jede Kaffeetasse bis zur Klobürste. Ich bin dann durch alle Räume durch und habe alles aufgeschrieben. Auch wie alt die Gegenstände waren und was sie gekostet hatten. Ihr glaubt nicht, wie es bei mir im Wohnzimmer ausgesehen hat. Denn das war ja nicht der einzige Papierkram, der zu bearbeiten war. Zeitgleich wurschtelte ich mich durch an die 30 Krankenhausrechnungen und Pflegeheimkosten, die jetzt alle plötzlich bezahlt werden wollten. Da Kalle privat versichert war, musste ich alles zuerst bezahlen und danach bei zwei verschiedenen Stellen einreichen und aufpassen, dass das Geld auch zurück kommt.
Naja, auch das habe ich geschafft. Die Trauer um Kalle kam in dieser Zeit viel zu kurz.
Ja, und dann musste ich mich ja auch noch um meine eigene finanzielle Lage kümmern. Also einen Antrag auf Hinterbliebenenrente stellen. Ich also bei der Rentenversicherung angerufen. Die waren auch sehr nett und meinten, ich solle mir doch einfach die Formulare dafür von ihrer Internetseite laden und dann ausfüllen.
Einfach haben sie gesagt. Ja ja - ich die Formulare aufgerufen, drei Stück an der Zahl, 50 Seiten ausgedruckt. Ich wusste echt nicht, wie ich das machen sollte. Und dann das Amtsdeutsch. Wenn es nicht so ernst gewesen wäre, ich hätte mich total amüsiert. Aber ich habe mich auch da durchgewurschtelt. Ein paar Fragen habe ich dann telefonisch geklärt und nach drei Wochen war es endlich bei denen im Briefkasten.
Puh, dachte ich, jetzt kann es ja nur noch bergauf gehen.
Aber wieder falsch gedacht. Im März ging es meiner Mutter noch immer nicht so richtig besser. Seit der OP hatte sie immer wieder Schmerzen. Tja und dann kam die Hammerdiagnose. Sie hatte einen bösartigen Krebs, der in der Schilddrüse gefunden wurde. Ich bin dann mir ihr sofort in die Onkologie. Dort bekam sie dann eine Art Chemo-Tablette. Eine normale Chemotherapie wollte man ihr aufgrund ihres Alters nicht mehr zumuten. Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter bis zu diesem Zeitpunkt noch sehr rüstig war und noch in ihrer Wohnung allein lebte. Aber nun war alles anders geworden, denn der Krebs saß mittlerweile im ganzen Körper.
Also bin ich dann zu ihr gezogen. Einmal am Tag kam mein Bruder für ein paar Stunden, damit ich nach Hause fahren konnte. Zeitgleich sind nämlich meine Mieter plötzlich ausgezogen. Sie hatten ein Haus geerbt und waren sich nicht mehr so sicher, ob ich das Haus halten könne. Ich habe den ganzen Auszug gar nicht richtig miterlebt, weil ich mit meiner Mutter beschäftigt war.
Nach vier Wochen bin ich dann auch nur noch fix und fertig gewesen. Ich habe es nicht mehr allein geschafft, sie zu betreuen. Also zogen mein Bruder und meine Schwägerin mit ein und wir haben uns dann zu dritt gekümmert. Parallel kam dann ein Pflegedienst. Das war eine große Unterstützung.
Es war leider abzusehen: Mitte April ist meine Mutter dann gestorben. Das hat mir dann komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Meine Mutter war meine Freundin, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand, auch wenn was mit Kalle war. Sie war einfach immer da. Und nun war sie auch nicht mehr da. Das war ganz schlimm für mich. Aber so ist eben das Leben.
Ja, und dann musste ihre Mietwohnung aufgelöst werden, wieder Papierkram erledigt werden. Beerdigung und alles, was damit zusammenhing. Zum Glück hat nun mein Bruder viel übernommen.
Als dann alles wieder etwas ruhiger wurde, bin ich dann von der Oberwohnung wieder nach unten gezogen. Habe jetzt massig Platz und bin ziemlich allein momentan. Aber ich habe die Ruhe auch gebraucht. Das war einfach alles zu viel auf einmal.
Aber es ging ja noch weiter. Kalles Sohn wollte nun also Geld haben. Also musste ich einen Gutachter beauftragen, der das Haus schätzen sollte. Dann alles wieder über den Rechtsanwalt zum anderen Anwalt und nun durfte ich 31 000 Euro mal eben in zwei Wochen auf den Tisch legen.
Hä, habe ich gedacht. Woher nehmen und nicht stehlen? Dann ging das Geldzusammenkratzen los. Ich habe ein Auto verkauft, etwas hatte ich selbst noch auf dem Konto, dann noch etwas Geld vom Erbe meiner Mutter, und den Rest musste ich mir von der Bank leihen. Bin jetzt arm wie eine Kirchenmaus, wie man so schön sagt. Aber egal, ich habe es geschafft, habe ihm das Geld gegeben und nun ist für mich die Sache erledigt.
Da ich jetzt auf jeden Cent achten muss, habe ich seit zwei Wochen einen Minijob. Das war jetzt mal ein wenig Glück. Ich arbeite in einer Firma, die IT-Kabel herstellt. Macht mir auch Spaß und ich komme wieder unter Menschen.
Tja, das war mein Jahr. Ich hoffe, der Text war nicht zu lang. Aber ich wollte es euch doch gerne berichten, weil ihr immer so lieb Anteil genommen habt.
Auch die liebe Karte, die ihr mir von Brühl aus geschickt habt, war eine ganz ganz liebe Geste. Ich hatte auch schon ein sehr schlechtes Gewissen, mich deswegen nicht gemeldet zu haben. Aber mir war einfach nicht danach.
Ach hoffe, dass jetzt endlich wieder bessere Zeiten kommen.
Ich grüße euch alle.