Da ich hier schon öfters gefragt wurde, wie wir es denn wohl geschafft hätten, unsere vier Wellis so zutraulich / zahm zu bekommen, habe ich mir überlegt, dieses einmal ausführlich zu beschreiben.
Wenn also später von jemand mal wieder die Frage auftauchen sollte, kann ich diesen Beitrag immer wieder zitieren!
Also, wohl als allererstes ist zu nennen, dass man stark darauf achten sollte, wo man sich den Welli kauft. Wellis aus der Zoohandlung werden (nach vielen Aussagen hier im Forum) deutlich seltener und längst nicht so umfangreich (hab kein anderes Wort gefunden) zutraulich/zahm, wie Wellis von privaten Züchtern, die sich bereits seit dem Schlüpfen der Küken ausgiebig mit den Wellis beschäftigen, sodass diese dadurch schon an den Menschen und vor allem die Hand gewohnt sind.
Dieses kann ich auch besätigen: 3 Wellis haben wir von gut ausgewählten, privaten Züchtern gekauft und diese drei kommen auch ohne Probleme auf unsere Hand.
Einen Welli haben wir über ein schwarzes Brett gekauft. Er frisst wohl aus der Hand, setzt sich aber nur selten / ungern auf sie. Man merkt, dass er gegenüber den anderen doch deutlich zurückhaltender, teilweise auch skeptisch ist, obwohl sich das schon deutlich gebessert hat.
Züchter lassen sich HIER finden:
http://www.wellensittich.de/zuechterdatenbank.html
Als nächstes ist die Formel zum Erfolg schlicht und einfach Geduld!!!.
Man sollte nicht versuchen, mit irgendwelchen Handlungen den Welli zu Verhaltensweisen zu bringen, sondern versuchen, die Neugier des Wellis zu wecken und es somit zu schaffen, dass er die Handlungen aus eigenen Stücken macht.
Wenn der Welli also aus der Hand fressen soll, dann sollte ich mir Körner auf die Hand legen und die Hand - erstmal mit etwas Abstand vom Welli - möglichst flach auf den Käfig legen. Dabei sollte man zunächst die Reaktion des Wellis beachten. Egal wie er reagiert, sollte ich die Hand zunächst nicht weiter bewegen, sondern einfach still liegen lassen.
Bleibt der Welli sitzen, kann ich ganz langsam die Hand ein Stückchen näher zu ihm bewegen. Dies aber nicht in einer fortwährenden Bewegung, sondern etappenweise. Also immer mal wieder für einen Moment die Hand nicht weiter bewegen. Immer mal wieder einen Moment die Reaktion des Wellis beobachten. Nur, wenn er sitzen bleibt, noch ein Stückchen näher kommen.
Sollte man jedoch merken, dass der Welli zurückweicht, dann auf jeden Fall die Hand liegen lassen, besser noch sie langsam!!! ein kleines Stückchen zurückziehen.
Der Welli merkt durch diese Vorgehensweise, dass die Hand keine Bedrohung darstellt und sie auch wieder verschwindet, wenn er nichts von ihr wissen will.
Dazu möchte ich anmerken, dass es normal nicht innerhalb von ein paar Stunden klappt, dass der Welli aus der Hand frisst. Man sollte wie eingangs schon erwähnt Geduld aufbringen und diesen Prozess einfach jeden Tag in RUHE mehrfach versuchen. Vielleicht klappt es innerhalb von einer Woche. Wer weiß?
Wir haben zur Zeit zwei Wellis auf Urlaubsbetreuung bei uns, die immer SOFORT abgehauen sind, wenn die Hand näher kam. Einer der beiden hat innerhalb von 3 Tagen bereits von den Dingen gefressen, die wir ihm mit der Hand hingehalten haben.
Dabei haben wir unsere Hand auch immer zurückgezogen, wenn wir gemerkt haben, dass er zurückweicht.
Darüber hinaus sollte man beachten, möglichst wenig mit der Hand in den Käfig zu gehen, wenn die Wellis in diesem sitzen.
Der Käfig ist der Platz des Wellis, in dem er sich sicher fühlt und in dem er seine Ruhe finden kann. Wenn da ständig eine Hand reinlangt, ist genau dies nicht gegeben. Futterschalen, Wassernäpfe, etc. sollten gereinigt / gewechselt werden, während der Welli Freiflug hat.
Übrigens führt das Respektieren des Käfigs als den Platz des Wellis auch dazu, dass der Welli viel lieber aus eigenem Antrieb wieder in den Käfig geht.
Wenn er nämlich merkt, dass er dort Ruhe bekommt, dass er darin sicher aufgehoben ist, wird er sich darin auch wohler fühlen und gern dorthin zurückkehren!
Allgemein gilt noch zu sagen, dass man den Welli niemals!!!
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Natürlich muß man den Welli einfangen, wenn es aus medizinischen Gründen notwendig ist.
Aber wirklich NUR DANN!!!!
Ansonsten hat bei uns mit Sicherheit auch die Tatsache, dass die Wellis auf unserem Esstisch stehen, positiv zur Steigerung der Zutraulichkeit beigetragen.
So saßen die Wellis in ihrem Käfig, wir direkt daneben (ohne dass wir in den Käfig gelangt haben) und sie konnten merken, dass - obwohl wir die ganze Zeit direkt neben dem Käfig sind - von uns keine Gefahr ausgeht.
Zudem haben wir uns viel mit den Wellis beschäftigt!
Wie soll sich ein Welli an den Menschen gewöhnen, wenn der Mensch nie zu Hause ist? Schwer möglich, oder?
wieso gelingt es Kindern meist deutlich leichter, Wellis zahm zu bekommen als es Erwachsenen gelingt?
Weil Kinder mehr Zeit haben! Sie haben die nötige Ruhe, die nötige Geduld, sie beschäftigen sich mit den Kleinen. Das mögen Wellis!
Übrigens: Bei oben beschriebenen Versuch, den Welli auf die Hand zu bekommen, sollte man möglichst keine ungewohnten Geräusche machen. Einfach nur leise, sanft und beruhigend auf den Welli einreden!
Sicher kann man nicht jedes Umgebungsgeräusch beeinflussen, aber die, die man beeinflussen kann, sollte man abstellen! Leise Radiomusik im Hintergrund kann jedoch nicht schaden, sondern durchaus förderlich sein.
Ja, ... abschließend möchte ich nochmals an die Geduld appellieren, die es wirklich aufzubringen gilt. Wie gesagt:
Geduld ist die Formel zum Erfolg (deswegen gelingt es ja auch so vielen Kindern!).
Ich hoffe, dass möglichst viele die von mir genannten Tips beherzigen.
Sollte mir zu gegebener Zeit einfallen, dass ich noch etwas vergessen habe, dass bei uns gut geholfen hat, so werde ich es gern ergänzen!
Ansonsten wünsche ich euch viel Spaß beim Umsetzen der Tips und schließlich auch viel Spaß mit Euren hoffentlich zutraulich werdenden Wellis!
EDIT:
So, mir ist noch etwas zusätzliches eingefallen:
Man sollte sich zunächst einmal auf eine Sache konzentrieren. Nicht zu viele neue Dinge zur gleichen Zeit ausprobieren. Wellis lernen durch Beobachtung. Sie beobachten Situationen und assoziieren diese dann. Dabei kann die Assoziation negativ (bei schlechter Erfahrung) neutral/skeptisch (bei unbekannten Dingen) oder positiv (bei guter Erfahrung) sein. Wenn man sie mit zuvielen neuen Dingen gleichzeitig konfrontiert, sind sie "überfordert". Einfach erst einmal versuchen, sich auf EINE Sache zu konzentrieren. Wenn sich ein Erfolg eingestellt hat, diese dann immer beibehalten und immer wiederholen, um sie weiter zu festigen, damit der Welli halt die "positive Assoziation" abrufen kann!
Zu den neuen Dingen:
Dazu kann auch eine neue Umgebung gehören. Wenn der Welli also gerade vom Züchter geholt, in den Käfig gesetzt und ins Wohnzimmer gestellt wurde.
Gerade vorher hat er noch eine große Voliere gehabt, in der er saß. Er hat ganz viele andere Wellis um sich herum gehabt. Plötzlich sitzt er in einem kleinen Käfig im Wohnzimmer. Es gibt ganz viele unbekannte Gegenstände und Geräusche um ihn herum. Dazu kommt noch, dass die anderen Wellis fehlen.
Man sollte dem Welli erst einmal 2-3 Tage Zeit gönnen, sich an die Umgebung zu gewöhnen und sich nicht gleich "auf ihn stürzen".
Die Umgebung wird der Welli auch nach einem Monat noch nicht restlos kennengelernt haben. Das heisst aber bitte auf keinen Fall!!!, dass man den Welli einen Monat lang nicht fliegen lassen sollte. Der Welli kann die Umgebung gar nicht kennenlernen, wenn er keinen Freiflug bekommt.
Aus der Luft sieht die Umgebung ganz anders aus, als aus dem Käfig. Deswegen macht es nicht viel Sinn, den Welli - wie viele es machen - zu Beginn mehrere Wochen im Käfig zu halten und ihm erst dann Freiflug zu gewähren. 2-3 Tage reichen dabei echt aus. Die Umgebung lernt er "im Fluge" kennen (wie learning by doing) und nicht indem er im Käfig hockt. Man kann ihn einen Monat im Käfig halten und dann rauslassen, da ist trotzdem nicht ausgeschlossen, dass er hier und da an der Zimmerdecke oder etwaigen Gegenständen aneckt!
Außerdem kann es passieren, dass der Welli sich gar nicht mehr traut zu fliegen, wenn man ihn zulange nur im Käfig festgehalten hat. Und der Welli ist nunmal ein Vogel. Und Vögel sollten nunmal fliegen. Das spielt eine ganz entscheidende Rolle für ihre Gesundheit!!!
Eine neue Umgebung kann übrigens auch DANN gegeben sein, wenn man in eine andere Wohnung umzieht. Es reicht aber auch schon, wenn man den Käfig ständig an eine andere Stelle im Zimmer oder gar der Wohnung aufstellt. Der Welli braucht Zeit, sich an Dinge zu gewöhnen. Das geht nicht, wenn man den Käfig ständig woanders aufstellt oder gar mir sich durch die Wohnung trägt.
Jetzt aber nochmal was wichtiges, was ich bislang mit keinem Wort erwähnt hab:
Wer nicht schon Wellis zu Hause hat, der möge sich bitte VON BEGINN AN mindestens zwei Wellis holen!!!! Wellis sind Schwarmvögel! Sie leben in Schwärmen von hundertausenden Tieren. Selbst eine Volierenhaltung bei einer Anzahl von bis zu 200 Vögeln kann ihren natürlichen Lebensraum nicht einmal annähernd ersetzen. Drum möge man darüber nachdenken, was man dem Welli antut, wenn man ihn einzeln hält!!! Tierquälerei!!!